Donnerstag, 20. August 2015
Flüchtlinge & Asyl: Die Macht der Sprache
Bei Schlagzeilen wie „Flüchtlingswelle wird zu Tsunami“ und dem meist abwertenden Wort „Asylant“ wird die Macht der Sprache spürbar. Flüchtling, Asylwerber und Migrant bedeuten nicht dasselbe, die Begriffe werden oft vermischt.
Als „Asylwerber“ werden Menschen bezeichnet, die in einem fremden Land - zum Beispiel in Österreich - Schutz suchen und einen entsprechenden Asylantrag stellen, erklärt Harald Lipphart-Kirchmeir, Regionaldirektor des Bundesamts für Fremdwesen und Asyl, kurz BFA. „Als Flüchtling bezeichne ich jemanden, der unter die Genfer Flüchtlingskommission fällt. Das heißt, er verlässt sein Land - und dann ist er schon Flüchting, zum Beispiel auf dem Weg nach Österreich“, so Lipphart-Kirchmeir.
Dazu zählen laut Genfer Flüchtlingskonvention Menschen die sich auf Grund ihrer Rasse, Religion, Nationalität beziehungsweise aufgrund ihrer politischen Haltung außerhalb ihres Heimatlandes aufhalten.
Migrant - wegen Wirtschaft oder Politik
Ebenfalls oft verwendet wird das Wort „Migrant“. „Da fällt alles darunter - auch der Flüchtling, der aus einem Bürgerkriegsland flieht. Das ist für mich auch ein Teil von Migration“, so der BFA-Regionaldirektor. Migranten verlassen ihre Heimat größtenteils aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen. Sie können, müssen aber nicht verfolgt werden.
Ohne wertende Ausdrücke
Wertende Ausdrücke sollten in der Asyldebatte vermieden werden,heißt es. „Asylant" ist für mich ein Unwort. Ich verwende es nicht. Ich sage entweder Asylwerber, Fremder, Drittstaatsangehöriger, anerkannter Flüchtling, subsidiär Schutzberechtigter, je nachdem, welchen Status er bei uns im Verfahren hat“, sagt BFA-Regionaldirektor Lipphart-Kirchmeir.
Das BFA prüft die Personalien, Dokumente und Fluchtgründe der Asylwerber. Sie werden bei der Einvernahme von Dolmetschern begleitet und unterstützt.
Hoffen auf Deutschkurse
Einer der ersten Ansprechpartner für Asylwerber sind Sozialarbeiterinnen. Victoria Schreiner arbeitet für den Flüchtlingsdienst der Diakonie Burgenland. Eine der ersten Fragen von Asylwerbern sei die Frage nach einem Deutschkurs, allerdings gebe es kaum Angebote. Und das sei für die Asylwerber zermürbend.
„Weil den meisten klar ist, welchen Stellenwert die Sprache hat, um sich in einer Gesellschaft im alltäglichen Leben, aber auch zum Beispiel bei Behörden bewegen zu können“, erzählt die Sozialarbeiterin.
Respektvoller Umgang in der Kommunikation
In der tägliche Kommunikation zwischen Asylwerber und Sozialarbeiter wird auf einen respektvollen Umgang Wert gelegt. Am Beginn soll vor allem die Höflichkeitsform gewahrt werden. „Wir sprechen unsere Klientinnen und Klienten mit dem Familiennamen und mit ‚Sie‘ an. Das ist mir sehr wichtig. Es ergibt sich in manchen Fällen natürlich das ‚Du‘, wenn man sich besser kennt“, so Schreiner.
Wichtigkeit von Namen
Auf die Wichtigkeit des eigenen Namens weist auch Peter Ernst, Sprachwissenschaftler aus Wien, hin. Denn viele Asylwerber würden es als abwertend empfinden, nicht mit dem eigenen Namen angesprochen zu werden.
„Es ist heute in der Asylwerber-Praxis vielen nicht bewusst, dass eine Nummer statt eines Namens natürlich einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt und für viele Menschen eben eine Form von sprachlicher Gewalt ist“, so Ernst. Er appelliert an alle Menschen, sprachliches Bewusstsein zu schaffen und darauf aufmerksam zu machen.
burgenland.orf.at - 20.8.2015
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